28. August 2002
Der Appell des Schreckens V

From: "Andrea F. Ottmer"
Date: Tue, 27 Aug 2002 09:53:06 +0200

Hallo liebe MitstreiterInnen,
auch ich habe von diesem Appell an die Parteien in einer Mailingliste erfahren. In der Mailinglist postop_frauen warb eine der Inititorinnen um Unterstützung. Ich habe wie folgt reagiert.:



Hallo Nina,

ich verstehe Euren Aufruf in mehreren Punkten nicht und halte ihn auch für ziemlich Kontraproduktiv, wenn es darum geht die Situation von Transsexuellen zu verbessern.

Ich kann, vielleicht liegt dieses ja auch an der speziellen Situation in meinem Bundesland, aber von anderen höre ich da auch nicht viel besseres, überhaupt nicht nachvollziehen wie jemand behaupten kann, die gutachterlichen Prüfungen zur Vornamensänderung hätten sich bewährt. Ich habe viele Gutachten in den Händen gehalten und gelesen, von Kompetenz, möchte ich bei den meisten Gutachtern wirklich nicht sprechen. Obwohl ich schon die Fähigkeit bewundere mit der es mancher hier schafft, 2 Stunden Begutachtung auf bis zu 70 Seiten zu Papier zu bringen. In meiner Beratungssituation erlebe ich immer wieder, wie Hilfreich es für viele Betroffene wäre, während des "Alltagstestes" - wirklich ein schlechter Begriff - die "Stütze" passende Papiere zu haben wäre. Hier in Niedersachsen zumindest wird aber die Absolvierung des Alltagsstestes durch die Gutachter geradezu zur Bedingung gemacht.

Noch weniger verstehe ich allerdings, wie die Vornamensänderung anderer Personen die Bedeutung meines Vornamens nivellieren könnte.

Auch zeigte die bisherige Erfahrung mit dem TSG, bei dem auch viele schon Missbrauch fürchteten, daß es diesen nicht gegeben hat, zumindest nicht von Seiten der Antragsteller.

Was die Abschaffung der strengen Bipolarität angeht, so hat meines Wissens keiner die Absicht Betroffenen die Möglichkeit zu nehmen sich völlig unzweideutig einem Geschlecht zuzuordnen. Auch hier besteht also keine Bedrohung für Betroffene, sondern eher eine Chance für die Gesellschaft durch Varianten bereichert zu werden.

Auch halte ich es nicht für nachvollziehbar, warum es für "echte" Transsexuelle schlimm sein sollte, wenn für eine Änderung der Geschlechtszugehörigkeit keine Operationen notwendig wären. Schlimm wäre es wenn diese dann nicht mehr möglich wären. Aber ich kenne einige, die aus den verschiedensten Gründen für sich die OP ablehnen, teilweise aus medizinischen, teilweise weil sie sich mit ihren angeborenen Geschlechtsmerkmalen arrangiert haben, die aber trotzdem alle anderen Anforderungen erfüllen. Es verstößt aus meiner Sicht gegen das Recht auf körperliche Unversehrtheit diese Personen zur OP zu nötigen.

Viele liebe Grüße

Andrea



Ich hätte zwar sicher noch mehr schreiben können, und manche Formulierung anders wählen können, aber als ich dieses schrieb, war es schon mitten in der Nacht, und mir war es wichtig, schnell darauf zu reagieren, eh irgendwer in der Liste mal eben den angegebenen Link drückt und unterschreibt. Noch handelt es sich um nur sechs Unterzeichnende und die Zeichnungsfrist ist glücklicherweise arg kurz gewählt.
Andrea
Gleichstellungsreferentin im AStA der FH Braunschweig/Wolfenbüttel
Leiterin der Beratungsstelle Niedersachens der dgti

Posted by alex.here at 28. August 2002 14:40
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